Mittwoch, Jänner 24, 2007

Die Kraft von Wort und Schrift

Sicher kennt jeder die zwei Fragen, die einem Romanautor am häufigsten gestellt werden: Worum geht es in diesem Buch? Und ist es autobiographisch? Die Fragen und die Antworten darauf empfand ich noch nie als besonders interessant - Ist der Roman gut, dann ist beides irrelevant. […]; ein Erwachsener sollte auch wissen, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Roman autobiographisch ist oder nicht – es sei denn er ist hoffnungslos naiv oder sonst wie unbedarft in der Welt der Literatur.

John Irving 1998,
Deutsch von Johannes Sabinski
„Garp und wie er die Welt sah, Ein Nachwort“

Oder mit anderen Worten, wenn dir meine Geschichte nicht gefällt, sag mir, was dich daran stört, und ich werde es so verändern, dass du sie glaubst. Die Kraft die sich aus einer Geschichte entfalten kann, die doch nur aus einer Summe von zusammengefügten Worten besteht, ist nahezu unermesslich. Beinahe magisch. Obwohl doch das Spiel mit den Worten eine eher nüchterne Angelegenheit darstellt, kann man sich mit nichts länger beschäftigen, als mit dem interpretieren einer Geschichte. Natürlich ein Wort bleibt ein Wort, ein Satzzeichen ein Satzzeichen und ein Rechtschreibfehler ein Rechtschreibfehler. Dativ, Genitiv, die Hand hebt sich zum gähnenden Mund. Es ist als ob Picasso uns etwas über Farbpigmente und die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten einer Leinwand näher bringen wollte. Erst wenn das Werk vollendet ist, bietet sich für Alle von uns der beste Teil des Dramas dar. Was kann ich in diese Geschichte, in dieses Bild, hineininterpretieren, und wer von uns hat am Ende Recht?


Obwohl ich niemanden von euch diesen kleinen Spaß verderben will, liegt es mir doch nahe, euch meinen Blick auf diesen Aspekt des Schreibens darzulegen. Nehmen wir doch nur mal an, du kennst eine Person, die wieder rum eine Person kennt, die ein Märchen verfasst hat. Würdest du sie anrufen und erstaunt fragen, ob sie letzte Woche wirklich eine Fee getroffen hat. Denk einen Moment darüber nach!

Obwohl ich es wundervoll und befriedigend finde, dass ihr euch alle so viele Gedanken um meine schriftlichen Ergüsse macht, würde es mich noch mehr freuen wenn ihr das Licht mal aus einer anderen Ecke darüber scheinen lassen würdet. Natürlich sollte man einen Anstreicher auch fragen warum er denn diese oder jene Wand gerade karmesinrot gestrichen hat, man sollte ihn aber auch aufgrund der Farbmischung, Pinselauswahl und Untergrundpräparierung loben.

Obwohl ich es schön finde, dass meine Erzählungen scheinbar so glaubhaft sind, rate ich euch doch an, mich im herkömmlichen Sinne, beim Wort zu nehmen. Stellen wir uns vor, wir treffen uns alle zu einem gemütlichen Abend. Ich erzähle euch die Neuigkeiten aus meinem Leben, die tags darauf in veränderter, wahrscheinlich dramatisierter Form, im Internet erscheinen. Glaubt das, was ihr aus meinem Mund habt.

Und zu guter Letzt…

Ich persönlich bin der Meinung, dass in jeder Geschichte ein kleiner Funke, und sei es auch nur der kleinste Teil des Ganzen, Wahrheit und Autobiographie steckt. Aber ihr wisst doch Leute, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

3 Kommentare:

gueldeph hat gesagt…

ahoi FrMarlen,

gerne kehre ich des öfteren auf deinen blog zurück, um mich an deinen texten zu erfreuen!
mit den behandelten themen habe ich zwar manchmal ein etwas schweres auskommen, jedoch werde ich durch die sprache mehr als reichlich entlohnt.
hoffentlich noch lange.

lg gueldeph

gueldeph hat gesagt…

p.s.: wie ich sehe hast auch du mit der sprachlosigkeit deiner leser zu kämpfen.

FrMarlen hat gesagt…

Da du selbst es ja warst, der hierzu die Flamme der Inspiration entzündete, freut mich das Lob besonders. Das auch ich deine Art zu schreiben verehre, brauche ich deshalb nicht extra festzuhalten. (obwohl es dich vielleicht freut)

P.S.:Bei der von dir erwähnte Sprachlosigkeit unseres wertgeschätzten Leserzirkels, handelt es sich meines Wissens nach, um ein Erkennungsmerkmal einer bislang weitgehend unerforschte Untergruppierung des Kierkegaard - Fanclubs.

„Die sicherste Stummheit ist nicht das Schweigen, sondern das Sprechen.“ – Søren Kierkegaard