Freitag, Februar 02, 2007

Ab in die Mitte III

Der Schmerz saß tief und rutschte in, dir bis dato noch unbekanntere Sphären, als aus Frl. Schmiedinger schließlich Fr. Schober wird. Da streifte sie das Flamencokleid ab, wie einen zu eng gewordenen Kokon, und schlüpfte in die neue Hülle. Eine dunkelgrüne Heurigenschürze, in welcher sie fortan aufgebackene Salzstangen mit Frühlingsaufstrich zu kredenzen dachte. Ihr Traum war erfüllt, der deine dahin, und in dieser traumlosen Periode deines noch jungen Daseins, sahst du Hoffnung auf Liebe schwinden.

Da auch jetzt die Frau deines Lebens noch fern, wenn auch hoffentlich schon in greifbarerer Nähe, ist, ziehst du weiter deine Kreise. Immer der Hitze nach, die dich an den Kachelofen deiner Großmutter erinnert. Es ist drückend und still und ein Gefühl, als wärst du der letzte Mensch auf der Welt. Alles steigert sich noch durch die Einsicht, wie verrückt dieses Unterfangen sich in zunehmender Art und Weise gestaltet. Verrückt bist du inzwischen längst. Nämlich noch weitere fünf Stock tiefer, wo das Magma bereits eine Spur schneller läuft als du selbst und lustige Schmatzgeräusche zurück lässt, wenn ein Tropfen den Weg in die Dunkelheit sucht. Da bricht ein Johlen die Lautlosigkeit und lässt dich aufhorchen. Die Stirn gerunzelt, die Hände an deinem flaumigen Kinnbart. Denkerpose! Doch jetzt nicht an den spärlichen Haarwuchs im Gesicht, der bei anderen Männern_Buben mit zwanzig ganz anders aussieht. Ein Johlen, das die Stufen hinab zu hüpfen scheint. Denkbar dass es den Anschluss an das Brummen verloren hat, doch das macht im sichtlich nicht zu schaffen. Völlig zufrieden hört es sich an, wie es so lauter und leiser werdend immer hörbarer wird. Sogar glücklich, etwas ausgelassen. Du bist gespannt es endlich zu sehen, mit eigenen Augen, gehst bereitwillig an den äußersten Rand der Treppe, um Zwischen_fälle zu vermeiden. Immerhin geht es tief hinab. Ein Sturz wäre tödlich. Und das noch im günstigsten Fall. Da hopst es auch schon beschwingt vorbei, tippt sich kurz mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand an den Kopf und rauscht vorüber. Ein Lächeln auf den Lippen ein Zucken im Mundwinkel. Diesmal hast du es genau bemerkt. Viel Spaß möchtest du rufen, willst aber nicht aufdringlich sein. Die Jeans standen ihm gut, dem Johlen, geben ihm einen jugendlichen Touch. Auch das schwarze T-Shirt. Alles in Allem ein recht angenehmer Eindruck. Schade, dass es so in Eile war. Nun Ja, wer bremst verliert, denkst du, und gibst selbst auch wieder mehr Gas. Zurück auf die Mittelspur und…nach links, klar, wohin auch sonst?

Wenn’s doch nur immer so einfach wäre fort zu kommen. Meist läuft es stockender, oder gar nicht, kriecht nur, und du stirbst tausend Langeweiletode, schon bevor der Weg überhaupt begonnen hat. Freilich, hier kommst du richtig in Fahrt, obwohl du ja doch nur bergab gehst, doch nur nach links und doch nur mit dir alleine. Aber das bist du gewohnt. Schließlich lief es auch mit der dritten Frau in deinem Leben nicht so optimal, wie du es dir erträumt hattest. Lisa hieß sie. Lisa, was für ein Name, selbst im Angesicht dieses Höllenfeuers jagen sich Schauder über deine Wirbelsäule. Spielen fangen und Räuber und Gendarm. L.I.S.A. Und sofort die zwei hübschen blauen Augen, die langen Haselnusshaare, die Goldfäden versteckten, und den kleinen Schmollmund, den zu küssen du nie gewagt hast. Brummen her, Johlen hin, wenn Lisa lacht, dann geht in dir die Sonne auf, denkst du. Warum nur hat sie das nie gemerkt? Zwei Reihen vor dir ist sie gesessen, volle vier Jahre lang, bis zur Matura. Sie hat sich nie umgedreht, sie hat dich nie nach einem Spitzer oder Radiergummi gefragt, sie hat dir nie eine Zigarette angeboten, am Pausenhof. Und obwohl du sie meistens nur von hinten gesehen hast, hast du ihr Gesicht auswendig aufzeichnen können. In schwarz-weiß, nicht nur einmal, dein ganzes Kinderzimmer war voll mit Lisaporträts. Immer wenn du Peter Cornelius hörst, musst du an sie denken. Und in jedem Kaffeehaus, in dem du in deinem bisherigen Studentenleben vorbei gekommen bist, und das waren doch mehrere, hältst du nach ihr Ausschau. Am Ende sitzt du doch alleine. Du bist es gewohnt.

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